Geschichte der Johannisloge „Kurfürstin Luise Henriette”

Die Johannisloge „Kurfürstin Luise Henriette wurde am 7. November 1900 in Birkenwerder von zehn Brüdern der Johannislogen „Zum Goldenen Pflug“, „Zum Widder“ und „Zum Schiff“ zu Berlin gegründet. Bevor die Brüder diesen Logen beitraten, gehörten sie der Druidenvereinigung „Silura zum Licht“ in Birkenwerder an. Nachdem diese Vereinigung aufgelöst wurde, schlossen sie sich der Freimaurerei in Berlin an.

Logenhaus
Logenhaus in Birkenwerder um 1904

Offensichtlich waren die Gründer unserer Loge gewiss, dass das Interesse am Logenleben in Birkenwerder und Umgebung groß genug war, dass die Gründung einer eigenen Loge und eines eigenen Logenhauses unter Einsatz aller geistigen und wirtschaftlichen Kräfte zum Erfolg führen würde. Nach Gesprächen mit dem Landesgroßmeister der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland wurde am 15.Dezember 1898 das Vorhaben in Angriff genommen. Es wurden Anteilscheine über jeweils 100 Mark ausgegeben, um das Druidenhaus in Birkenwerder für die Loge zu erwerben. Diese Anteilsscheine konnten nur von Brüdern erworben werden und fielen im Falle des Todes oder Austritts der Brüder an die Loge zurück.
Am 23. Juli 1900 beantragten die eingangs erwähnten zehn Brüder ihre Entlassungsscheine aus ihren Logen und schlossen sich zum „Verein zur Gründung der Loge Kurfürstin Luise Henriette“ zusammen. Zum Vorsitzenden wählten sie den Bruder Otto Eichholz aus Berlin.

Nachdem 37 Brüder ihre Absicht bekundet hatten, der neuen Loge beizutreten, stimmte der damalige Ordensmeister, Prinz Friedrich Leopold von Preußen der Gründung zu.
Am 7. November 1900 versammelten sich im Logenhaus in der Summter Straße in Birkenwerder um 20 Uhr zahlreiche Brüder, Würdenträger und Gäste; das Licht wurde feierlich in den Tempel eingebracht.
Die neue Johannisloge „Kurfürstin Luise Henriette“ mit der Matrikelnummer 155 arbeitete fortan mit großem Erfolg.

Bruder Karl Ludwig Liedtke

Nach 14 Jahren hatte die Loge bereits 59 neue Brüder aufgenommen. Unter ihnen war auch der Bruder Karl Ludwig Liedtke, der im Alter von 31 Jahren in die Loge aufgenommen wurde. Viele Jahre hindurch war er Mitglied der „Kurfürstin“ und wurde schließlich 1925 von der Bruderschaft zum Vorsitzenden Meister der Loge gewählt, die er mit vollem Einsatz und ganzer Hingabe, mit glücklicher Hand und außerordentlichem Erfolg leitete. Ungeachtet der schwierigen Verhältnisse, die durch den ersten Weltkrieg und seinen politischen und wirtschaftlichen Folgen entstanden, konnte die Loge zwischen 1919 und 1932 weitere 100 Aufnahmen verzeichnen.

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten beendete in Birkenwerder, wie in allen deutschen Logen, die positive Entwicklung. Unter scheinbarer Wahrung der Rechtsstaatlichkeit wurden die Logen 1933/34 gezwungen, sich selbst aufzulösen. Die Zerschlagung der Freimaurerei in Deutschland legte Heinrich Himmler in die Hände eines Fanatikers, der später zu noch traurigerer Berühmtheit kommen sollte: in die Hände von Reinhard Heydrich.

In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 18. Juli 1935 beschlossen die Mitglieder der Loge einstimmig die Auflösung. Damit erlosch auch in Birkenwerder das feimaurerische Licht.

Ordenshaus in der Eisenacher Straße
Ordenshaus in der Eisenacher Straße

Leider gibt es kein Aufzeichnungen darüber, ob die Brüder, wie in vielen anderen Logen, unter dem Deckmantel von Skat-, Kegel-, Wander- oder Sparvereinen weiterhin Kontakt miteinander pflegten. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass es so gewesen ist, denn unmittelbar nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges fanden Gespräche über die Reaktivierung der Loge statt. Schon am 19. Dezember 1945 fand im Keller des durch Kriegseinwirkung schwer beschädigten Ordenshauses in der Eisenacher Straße in Berlin-Schöneberg die erste gemeinsame Arbeit statt, an der auch fünf Brüder der „KLH“ teilnahmen.

An eine Aufnahme der feimaurerischen Arbeit in Birkenwerder war aber noch nicht zu denken, weil die sowjetische Besatzungsmacht die Freimaurerei zu einem „unerwünschten und überflüssigen Relikt der reaktionären Bourgeoisie“ erklärt hatte.
Das Logenhaus in der Summter Straße wurde zunächst von der Roten Armee besetzt. Später wurde es zum Volkseigentum erklärt und wurde schließlich von der Gemeinde Birkenwerder als Kindergarten und Kinderhort genutzt.

Unser Logenhaus in Birkenwerder 1995
Unser Logenhaus in Birkenwerder 1995

Die Johannisloge „Kurfürstin Luise Henriette“ arbeitet gemeinsam mit den Johannislogen „Zum Widder“ und „Zur Beständigkeit“ im Ordenshaus in der Eisenacher Straße von 1946 bis 1965. Allein im Jahre 1946 konnten 15 Brüder neu- oder wieder aufgenommen werden. Dennoch gab es keine „Rückkehr zu Normalität“. Zu tief waren die Wunden, die die Naziherrschaft und Krieg hinterlassen hatten. Es fehlte nicht an mahnenden Stimmen, die auf den Verfall sittlicher Werte in der Gesellschaft, die Überbewertung von Reichtum und Statussymbolen, den Mangel an Verantwortungsbewusstsein und Gemeinsinn und die Abkehr vom christlichen Glauben hinwiesen, Probleme, die unsere Gesellschaft bis auf den heutigen Tag nicht überwunden hat.

Br. Jürgen Weber
Br. Jürgen Weber †

Ein einschneidendes Ereignis, und damit vielleicht der erste Schritt zu einer „Rückkehr zu Normalität“, war die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes. Die Johannisloge „Kurfürstin Luise Henriette“ gründete einen Verein gleichen Namens, der die Reaktivierung der Loge in Birkenwerder und die Rückübertragung des Logenhauses zum Ziel hatte. Dieser Aufgabe widmeten sich die Brüder mit ganzer Kraft und auch mit Erfolg. Am 5. Oktober 1993 wurde die Liegenschaft Summter Straße 2 in Birkenwerder auf die Johannisloge „Kurfürstin Luise Henriette“ rückübertragen.

Allen voran hatte sich der damalige Vorsitzende Meister Br. Jürgen Weber † zur Aufgabe gemacht, das Haus wieder herzurichten und zu erhalten. Mit der Gemeinde Birkenwerder handelte er ein Nutzungsvertrag aus, der der wirtschaftlichen Sicherung der Loge und des Kindergartens gleichermaßen dient.
Inzwischen ist dort, nicht zuletzt dank der Spenden der Brüder viel geleistet worden, auch wenn noch viel zu tun bleibt.

Mit frohem Mut wollen wir unsere Arbeit weiterführen und voller Zuversicht in die Zukunft schauen, zum Wohl unserer geliebten Loge „Kurfürstin Luise Henriette“, zum Wohl der Menschen in Birkenwerder und vor allem deren Kinder – der Gesellschaft von morgen.